Euthanasie in der NS-Zeit

Euthanasie in der NS-Zeit

Der Begriff Euthanasie ist vermutlich nicht allen hier bekannt. Wir befassen uns also zunächst einmal mit dem Begriff Euthanasie. Der Begriff setzt sich aus „eu“ für gut, schön und „thanatos“ für Tod zusammen. In der heutigen Zeit versteht man darunter einen würdigen und schmerzlosen Tod einer Person. Unter Euthanasie in der NS-Zeit versteht man hingegen den planmäßig betriebenen Mord an Menschen mit körperlichen und psychischen Krankheiten. Dieser planmäßig betriebene Mord fand speziell zwischen 1939 und 1945 statt. Insgesamt starben ca. 300.000 Menschen.[1]

Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung wurden nicht als Menschen gesehen – man hat sie als ,,lebensunwert“[2] degradiert und ihnen damit das Recht auf Leben und das Recht auf Freiheit genommen. Umso irrsinniger war auch die Rechtfertigung Hitlers. Hitler bezeichnete den planmäßigen Mord an Menschen mit einer Behinderung als „Gnadenakt“[3] oder ,,Akt der Erlösung“. Selbstverständlich stellt dies nur eine Beschönigung dar, denn es ging eigentlich um die Pflegekosten dieser Menschen, die man nicht länger bezahlen wollte. Darüber hinaus ging es auch um ,,Hygiene“[4]. Die Nationalsozialisten haben Menschen mit einer Behinderung als „unhygienisch“ gesehen.

Wie kam es aber zu der gesamten Aktion? Nach der Machtübernahme Hitlers wurde ein Gesetz zur Sterilisation von Erbkrankheiten erlassen. Damit hatte man eine rechtliche Legitimation, um Erbkranke zu sterilisieren geschaffen. In der Folge wurden circa 400.000 Menschen sterilisiert. Einige starben auch während der Sterilisation.

Im Frühjahr 1939 begannen die konkreten Planungen für die planmäßigen Morde an Menschen mit Behinderungen. Man hat auch mit der landesweiten Erfassung von Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren begonnen. Diese Menschen wurde dann entweder durch Medikamente oder durch systematisches Verhungernlassen ermordet. Insgesamt fielen 5000 Kinder und Jugendliche dem zum Opfer. Einige Monate später bzw. um genau zu sein, im August des Jahres 1939 begannen die Nationalsozialisten den Patientenmord auf die Erwachsenen auszuweiten. Man konnte den Massenmord aber nicht in aller Öffentlichkeit durchführen. Deshalb wurden sogenannte Tarnorganisationen gegründet. Die Zentrale dieser Organisationen war die Tiergartenstraße 4.

Wie man unschwer erkennen kann, stammt diese Bezeichnung „T4“ von der Straße, in der sich die Zentrale der Organisation befand. Im Rahmen dieser Aktion wurden Tötungsanstalten eingerichtet, Tötungsmittel beschafft und ideologisch zuverlässiges Personal rekrutiert.

Die Nazis haben dann im weiteren Verlauf immer mehr Menschen mit geistiger oder physischer Behinderung ermordet z.B. durch Gas. Die Verwandten der Getöteten wurden in der Regel belogen – man hat sich irgendwelche Todesursachen ausgedacht und ihnen diese mitgeteilt. Im August 1941 wurde das Euthanasieprogramm dann doch kurzfristig durch Hitler eingestellt, da es Proteste und Unruhen gegen die Mordaktionen im Land gab. Diverse Kirchenvertreter, wie z.B. der Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen, erhoben sich gegen diese willkürlichen Mordaktionen an Menschen mit Behinderung.

Dieses Programm wurde aber nur zum Schein eingestellt. Die im Rahmen der Aktion-T4 errichteten Tötungsanstalten wurden zwar geschlossen, aber der Patientenmord fand eben jetzt auf einer unauffälligeren Art und Weise statt. Berichten zufolge wurden bis Kriegsende ca. 100.000 Menschen durch Mangelernährung, Überdosen von Medikamenten oder Injektionen ermordet.

Lange Zeit zählten die Opfer der Patientenmorde und Zwangssterilisation zu den vergessenen Opfern des Nationalsozialismus. Erst 35 Jahre nach dem Krieg also im Jahr 1980 hat man angefangen, den Opfern zu gedenken. Die ehemalige Zentrale der Tarnorganisationen in der Tiergartenstraße 4 wurde zu einem Gedenk- und Informationsort für die im Rahmen des Euthanasieprogramms der NS getöteten Menschen umfunktioniert.[5]

Maria Emilia Cohaupt – Eine Recklinghäuserin wird Opfer des Euthansieprogrammes

Maria Elisabeth Cohaupt, wurde am 13.08.1913 in Recklinghausen geboren.[6] Im Alter von neun Jahren verlor Elisabeth Cohaupt ihre Mutter. Der Vater heiratete erneut. Elisabeth Cohaupt lebte bis Dezember 1932 im elterlichen Haus, welches sich im Stadtteil Hillerheide befand.

Vom 02.01.1933 bis zum 19.03.1934 lebte sie in einem Erziehungsheim der Katholischen Fürsorge GmbH des Antonius-Stifts in der Sentruper Straße 29 in Münster.[7] Bis heute ist nicht bekannt, weshalb sie dort untergebracht wurde. Dort wurde sie dann am 19.03.1934 abgemeldet. Emilia Cohaupt lebte noch für eine kurze Zeit bei den Eltern im Stadtteil Hillerheide und wurde von 1934 bis 1936 dann im Stift Tillbeck untergebracht.[8] Am 5. Mai 1937 wurde Elisabeth Cohaupt in der Provinzialheilanstalt Lengerich aufgenommen.
Vier Jahre später, um genau zu sein am 26. August 1941, wurde sie nach Weilmünster verlegt. In Weilmünster gab es eine Anstalt, welche während der T4-Aktion als Zwischenanstalt für die Tötungsanstalt Hadamar diente. In diesem Zeitabschnitt wurde die Aktion-T4 aber abgebrochen. Die Patienten blieben dann in Weilmünster. In der zweiten Phase der Euthanasie wurden die Patienten hauptsächlich durch Nahrungsmittelentzug getötet. Einige starben auch an einer Überdosis von Medikamenten. Insgesamt kamen in der Anstalt in Weilmünster 3100 Menschen ums Leben.
Maria Elisabeth Cohaupt starb am 8.März 1944 offiziell an einer Lungentuberkulose.[9]

Autor: Emre Akin (Q2, 2021)

[1] https://www.bundestag.de/resource/blob/488084/d91b41cac0fd7945180acbccc27454b6/euthanasie-morde-im-nationalsozialismus-data.pdf am 26.2.2021

[2] https://www.gedenkort-t4.eu/de/biografien?page=1 am 26.2.2021

[3] https://www.gedenkort-t4.eu/de/wissen/aktion-t4 am 26.2.2021

[4]https://de.wikipedia.org/wiki/Krankenmorde_in_der_Zeit_des_Nationalsozialismus#%E2%80%9EAktion_T4%E2%80%9C am 26.2.2021

 [5] https://www.bundestag.de/resource/blob/488084/d91b41cac0fd7945180acbccc27454b6/euthanasie-morde-im-nationalsozialismus-data.pdf letzter Zugriff am 22.01.2020

[6]https://www.recklinghausen.de/inhalte/startseite/ruhrfestspiele_kultur/_details.asp?form=detail&db=545&id=411 letzter Zugriff am 22.01.2020

[7]https://www.recklinghausen.de/inhalte/startseite/ruhrfestspiele_kultur/_details.asp?form=detail&db=545&id=411  letzter Zugriff am 22.01.2020

[8] In der NS-Zeit wurden in der damalige ,,Heilanstalt Stift Tillbeck“ Sterilisationen durchgeführt.

[9]https://www.recklinghausen.de/inhalte/startseite/ruhrfestspiele_kultur/_details.asp?form=detail&db=545&id=411 am 26.2.2021