Wilhlem Bitter – Verleger aus Recklinghausen

Verfolgung von politisch Andersdenkenden in der NS Zeit

Eine andere politische Meinung zu haben war einer der Hauptgründe, weshalb Menschen im Nationalsozialismus verfolgt, angeschuldigt, verhaftet oder getötet wurden. 1 Dabei war es egal ob jemand wirklich eine andere Meinung hatte, sich nur unvorteilhaft ausgedrückt hat oder von jemand anderem beschuldigt wurde. Sobald es Hinweise dazu gab, dass jemand eine andere politische Meinung haben könnte, fiel dieser sofort ins Auge der NSDAP.

Die Definition von politisch Andersdenkenden ist im Falle des Nationalsozialismus sehr umfangreich. Als Andersdenkender galt nämlich nicht nur jeder, der den Nationalsozialismus ablehnte, sondern auch jeder, der sich kritisch dazu äußerte. Deswegen wurden viele verschiedene Gruppen aus diesem Grund verfolgt. Eine der größten und bekanntesten dieser Gruppen waren die Kommunisten. 2 Der einfache Grund, warum sie verfolgt wurden ist, dass sie als Kommunisten den Nationalismus ablehnten und stattdessen dem Kommunismus folgten. Die Verfolgung lief in etwa so ab, dass erst die Abgeordneten und Funktionäre von kommunistischen Parteien, wie der KPD, und die Köpfe von kommunistischen Vereinen oder Organisationen verhaftet wurden. Daraufhin wurden diese Verbände durch gezielten Terror, in Form von Drohungen und Gewalt, zerschlagen und anschließend die Neugründung gesetzlich verboten. Die übrigen Kommunisten wurden verfolgt, festgenommen und nicht selten hingerichtet. 3

Ähnlich lief es bei anderen Gruppen, die eine andere politische Richtung als den Nationalsozialismus verfolgten, wie die Demokraten. Auch hier wurden demokratische Verbände erst terrorisiert, dann zerschlagen und schließlich gesetzlich verboten. Genauso wie bei den Kommunisten war es damit für die NSDAP möglich, Demokraten gesetzlich zu verfolgen, festzunehmen und hinzurichten. 4

Als politisch Andersdenkende galten aber auch einfache “Kritiker“. Dabei war es egal, ob es sich bei dem Kritiker um eine berühmte Person oder einen unbekannten Arbeiter handelte. 5 Wer die NSDAP, den Führer oder den Nationalsozialismus kritisierte, musste einfach, so die Logik der Nationalsozialisten, ein politischer Feind sein. In dem Zusammenhang wurden so ziemlich alle regimekritischen Schriftsteller, die sich nicht vorher ins Ausland retten konnten, verhaftet und ins Konzentrationslager gebracht. 6

Kritische Zeitschriften oder Verlage wurden aktiv und systematisch terrorisiert und verboten und deren Leitungen meistens inhaftiert und schließlich auch umgebracht. Manche hatten allerdings Glück, wie Wilhelm Bitter, dem ehemaligen Vorsitzenden der „Vestischen Druckerei- und Verlags AG. Während der NS Zeit galt Bitter und sein Verlag als Volksfeind, weswegen er mehrmals inhaftiert wurde und der Druckerei mit der Zeit sämtliche Rechte und Lizenzen zum Drucken entzogen wurden und sie letztendlich ganz enteignet wurde. Dennoch hatte er, im Vergleich zu vielen anderen Schriftstellern und Verlegern, das Glück, die NS Zeit zu überleben, was als Kritiker zu der Zeit eher die Ausnahme war.

Aber auch bei den einfachen Leuten war das nicht anders. Damals reichte es, auf der Straße irgendeine Kritik zu äußern, um in kürzester Zeit eingesperrt zu werden. Auch im Geheimen konnte kaum Kritik geäußert werden, denn die NSDAP hatte überall ihre Leute und auch die meisten deutschen Bürger waren gerne dazu bereit jemanden zu verpfeifen. 7

Schlussendlich kann man sagen, dass man die Parole des NSDAP Regimes mit dem Satz „wer nicht für uns ist, ist gegen uns“ zusammenfassen kann.

Wilhelm Bitter Verleger aus Recklinghausen

OB Wilhelm Bitter, 1950er
* 13.12.1886, Köln, + 9.6.1964 Ittmbach (Siebengebirge)
Quelle: FA 130/3677 (Stadtarchiv RE)
Repro: Anton Winter, Stadtarchiv RE, 9.2.2015

Wilhelm Bitter wurde am 13. Dezember 1886 in Köln als Sohn  einer Arbeiterfamilie geboren. Dank der sozialen Struktur seiner Familie kam Wilhelm mit der katholischen Arbeiter- und Jugendbewegung in Kontakt, weshalb er 1911 einen Fortbildungskurs beim Volksverein für das katholische Deutschland besuchte. Nachdem er eine kurze Zeit lang Sekretär des Volksvereins war, wurde er 1912 Parteisekretär des katholischen Zentrums im Reichstagswahlkreis Recklinghausen-Borken. Nach dem ersten Weltkrieg, während der Umbruchsphase vom Kaiserreich zur ersten demokratischen Republik, widmete er sich seiner politischen Arbeit, wozu seine Funktionen als Stadtverordnetenvertreter (1919-1923) und Mitglied des Provinziallandtages (1921-1925) sowie seine Funktionen als Vorsitzender der damaligen Vestischen Druckerei- und Verlags A.G. (Vedruvag) gehörten. Als Verleger war er auch verantwortlich für die Recklinghäuser Volkszeitung. Die Tageszeitung vertrat in den politischen Auseinandersetzungen der Weimarer Republik die Position des politischen Katholizismus, wozu auch der Kampf gegen die NSDAP gehörte. Als es dann zur Machtübernahme kam, war Bitter beruflich sowie politisch der nationalsozialistischen Gleichschaltung im Wege. Als Volksfeind[1] wurde er am 10. März 1934 in der NS-Gauzeitung bezeichnet und am 15. März wurde er von der Gestapo in deren Gefängnis in Recklinghausen inhaftiert. Weitere harte Verhöre folgten seiner vierzehntägigen Inhaftierung. 1935 wurde seiner Lokalzeitung aufgrund ihrer Einstellung  zur Judenfrage der Status eines städtischen Amtsblattes entzogen und Bitter aus der Reichspressekammer ausgeschlossen. 1936 bereits musste er die Verlagsrechte abtreten. 1940 wurden die Verlagsrechte endgültig enteignet. Aufgrund seiner Weigerung, eine propagandistische Falschmeldung zu veröffentlichen, wurde auch das von ihm 1934 geründete Kirchenblatt am 19. März 1937 verboten. Er versuchte, die Druckerei aufrecht zu erhalten, indem sie von da an Adressbücher und Kleinschriften verlegten. Allerdings wurde 1939 der Druckerei auch der Druck der Kleinschriften verboten.

Wilhelm Bitter wurde mehrmals im Januar 1934, im Mai 1944 und im Spätsommer 1944 inhaftiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er sich, neben seiner Betätigung als Zeitungsverleger, für die Neugründung einer christlichen Volkspartei (CDU) ein und amtierte nach der ersten Kommunalwahl als Oberbürgermeister (1946 -1948), war Stadtverordneter in Recklinghausen (1946 – 1951/ 1956 – 1961) und gehörte dem Landtag in NRW an (1946 – 1950).

Trotz der eigenen Gefährdung leistete Bitter stetig  Widerstand gegen die NSDAP und unterstützte Menschen, die unter der NS-Diktatur leiden mussten, indem er vielen einen Arbeitsplatz in seinem Unternehmen gab.

Literatur

Helmut Geck, Georg Möllers und Jürgen Pohl: Wo du gehst und stehst…Stätten der Herrschaft, der Verfolgung und des Widerstandes in Recklinghausen 1933 bis 1945. Verlag Rudolf Winkelmann, 2002. S. 60

https://www.recklinghausen.de/inhalte/startseite/ruhrfestspiele_kultur/gedenkbuch/_Opferbuch_selfdb.asp?form=detail&db=545&id=726 (Bezugsdatum: 05.02.2021), https://eservice2.gkd-re.de/selfdbinter320/DokumentServlet?dokumentenname=545-726fieldDokument1.pdf (Bezugsdatum: 05.02.2021)

Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Bitter (Bezugsdatum: 05.02.2021),

[1] Wurde am 10. März 1934 als solcher in der Überschrift der National-Zeitung bezeichnet. https://www.recklinghausen.de/Inhalte/Startseite/Ruhrfestspiele_Kultur/Gedenkbuch/_Opferbuch_selfdb.asp?form=detail&db=545&id=726 am 26.2.2021

 

  1. Geschichte-petrinum.fandom.com 20.01.2021
  2. Zeitklicks.de 20.01.2021
  3.   Zeiten und Menschen Geschichte (Verlag Schöningh Westermann) 24.01.2021
  4.   Zeiten und Menschen Geschichte (Verlag Schöningh Westermann) 24.01.2021
  5.   www.bpb.de 20.01.2021
  6.   Zeitklicks.de 24.01.2021
  7.   www.wikipedia.de 20.01.2021