Verantwortung übernehmen – Erinnerung aktiv mitgestalten

Der Projektkurs „Wider das Vergessen“ lernte und forschte für eine Woche in Weimar, Erfurt und schwerpunktmäßig an der Gedenkstätte Buchenwald zu den Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus. Besonders im Blickpunkt stand dabei die Frage der Verantwortung einzelner Personen und Firmen, die nicht auf den ersten Blick als Täter*innen bekannt sind.
16 Schüler*innen der Q2 der Gesamtschule Recklinghausen-Suderwich erarbeiteten sich in einem Seminar des Gedenkortes „Topf und Söhne“ in Erfurt die Geschichte der Firma, die Verbrennungsöfen und Entlüftungsanlage für die Gaskammern unter anderem für Auschwitz und Buchenwald entwickelte und realisierte. Schwerpunktmäßig beleuchteten sie die Verantwortung der Geschäftsführung und leitender Ingenieure, die sich nach dem Krieg teilweise als „unschuldig“ oder „unwissend“ darstellten und von denen nur wenige strafrechtlich belangt wurden.
Das Schwerpunktthema der Frage nach Verantwortung stellte sich auch, als die Gruppe den Gedenkweg „Buchenwald-Bahn“ unter Leitung des Initiators des Gedenkweges, Christian Molitor, absolvierte. Die Bahn wurde auf Wunsch von Heinrich Himmler innerhalb von 100 Tagen von Weimar nach Buchenwald errichtet. Zahlreiche Zwangsarbeiter verloren dabei ihr Leben. Der Betrieb der Bahn erfolgte durch die Firma „Centralverwaltung für Secundairbahnen Herrmann Bachstein“. Sie wickelte zahlreiche Transporte von Häftlingen von und nach Buchenwald ab, von denen eine große Zahl in Vernichtungslager deportiert wurde. Sie stellte der SS jeden dieser Transporte in Rechnung und profierte so finanziell enorm. Am heutigen „Gedenkweg Buchenwaldbahn“ entsteht partizipatorisch durch zahlreiche Privatpersonen und Initiativen ein Mahnmal, dass besonders an die in Buchenwald ermordeten Kinder und Minderjährigen erinnert.
In der Gedenkstätte erfuhren die Schüler*innen viel durch eine Führung und in individueller Erkundung über das System Buchenwald und das „Leben“ im Lager. Auch der Umgang mit einem der größten Verbrechen der Menschheit in der DDR und der BRD wurde unter anderem am Mahnmal rund um den „Glockenturm“ erarbeitet.
In Weimar erforschten und präsentierten die Teilnehmer*innen des Projektkurses unter Anleitung des Vereins „Lernort Weimar“ die Rolle der „Kulturstadt“ in Zeiten des „Kulturbruchs“. Sie stellten heraus, dass Weimar eine Schlüsselrolle beim Aufstieg der NSDAP spielte und man ihr hier zum Beispiel bereits im Jahr 1926 einen „Reichsparteitag“ im Deutschen Nationaltheater ermöglichte, obwohl die „Wiege der ersten deutschen Demokratie“ für politische Versammlungen aller Parteien gesperrt war. Auch die Versuche der konservativen Parteien mit den Nationalsozialisten in Sachfragen zusammenzuarbeiten und die Folgen daraus wurden hier deutlich und anhand des Schicksals jüdischer Mitbürger*innen aus Weimar illustriert.
Das Spannungsfeld zwischen Hochkultur und Zivilisationsbruch zeigte sich ebenfalls bei Besuch des Bauhaus-Museums sowie Goethes Wohnhauses. Am Beispiel des größten deutschen Dichters wurde das Instrumentalisieren von Kultur und Vergangenheit für die eigene Geschichtserzählung sichtbar. So wurde zum Beispiel der Bau des Goethe-Nationalmuseum massiv von Hitler gefordert und finanziell gefördert.
Die Projektkursfahrt „Wider das Vergessen“ findet seit vielen Jahren für Schüler*innen der Oberstufe der Gesamtschule Recklinghausen-Suderwich statt und wird von diesen aktiv mitgestaltet. Dabei wurden die angehenden Abiturient*innen in der Vorbereitung und Durchführung durch die Lehrer*innen Luisa Ackermann, Vito Antonio Gliozzo und Fabian Fritsch sowie Berthold Weber vom Aktuellen Forum Gelsenkirchen e.V. unterstützt und begleitet.